Publikationen

Lampersberger, F. (2023). Temporäre Integrationsverweigerung von Geflüchteten als Katalysator zukunftsfähiger Integration. Trauma Kultur Gesellschaft, 1(2), 53-68. DOI: 10.30820/2752-2121-2023-2-53

Geflüchtete werden durch Vertreibung, radikalen Kontextwechsel und Akkulturationsprozesse in ihrem Selbstverständnis und -gefühl oft so stark erschüttert, dass sie gerade in der Anfangszeit im aufnehmenden Land drohen, in schwere Identitätskrisen zu geraten. Durch die Umstände der Flucht bereits be- und überlastet, verfügen sie häufig nicht über die psychische Energie zur Wiederherstellung der krisenhaft gewordenen Identität, die wiederum notwendige Voraussetzung dafür wäre, eigene Zugehörigkeit zu und Teilhabe an der neuen Kultur auszuhandeln. Zur (Wieder-)Erlangung der psychischen Voraussetzungen zum Leisten dieser Identitätsarbeit greifen sie auf protektive und stärkende Spaltungsprozesse zurück, die von außen wie ein bloßes Abschotten in eine Parallelgesellschaft anmuten – sie werten etwa das Aufnahmeland völlig ab, während sie die verlorene Heimat idealisieren. Wie genau Spaltungen in diesem Sinne integrationsförderlich sein können, wird in vorliegendem Beitrag anhand verschiedener Entwicklungslinien in einem Fallbeispiel deutlich gemacht.

Lampersberger, F. (2022). Der Sinn der Sinnfrage: Sprachphilosophische und psychoanalytische Zugänge. In Godehard Brüntrup & Eckhard Frick (Eds.), Motivation, Sinn und Spiritual Care (pp. 61-78). Berlin, Boston: De Gruyter. DOI: 10.1515/9783110787153-005

In diesem Kapitel wird versucht, den Sinn der Sinnfrage durch Zuhilfenahme sprachphilosophischer und psychoanalytischer Konzepte besser zu verstehen. Zunächst ergibt die Untersuchung des Alltagsgebrauchs der Sinn-Frage, dass man als Fragestellender nicht auf konkrete Tatsachen aus ist, sondern vielmehr Antworten darauf sucht, was ein wertvolles Leben konstituiert. Was genau man unter dem Sinn-Begriff verstehen kann, wird durch Ordnung des semantischen Feldes um Sinn genauer betrachtet. Durch Differenzierung der Facetten von Sinnhaftigkeit und Abgrenzung von Sinnfremdem und Sinnfreiem werden im nächsten Schritt Bedingungen dafür deutlich, wie Leben überhaupt Träger von Sinn sein kann. Daraufhin werden verschiedene Ebenen des Sinnvollseins untersucht – vom Sinn einer Handlung bis zum Sinn des Kosmos — und zwischen Sinn im Leben und Sinn des Lebens unterschieden. Die Begründungs- zusammenhänge werden anschließend anhand gängiger Sinn-Konzeptionen aufgefächert, wobei die zwischen subjektivem und objektivem Naturalismus liegende Hybrid-Theorie Susan Wolfs genauer betrachtet wird. Im Anschluss werden die Entwicklungsbedingungen für Sinn-Erleben anhand psychischer Ich-Fähigkeiten zu Symbolisierung, Mentalisierung und libidinöser Besetzung dargestellt. Zuletzt werden im verdeckten Symptom-Sinn Sinn-destruktive Seiten des unbewussten Seelenlebens aufgedeckt, aber auch Sinn-ermöglichende Aspekte aufgefunden. Damit wird deutlich, dass die Psychoanalyse entgegen der Vorwürfe sinnzentrierter Psychotherapieschulen (insbesondere der Logotherapie) Wichtiges zur Sinn-Frage beisteuern und in der Sinn-Kontroverse ein Versöhnungsangebot unterbreiten kann.

Lampersberger, F., & Streeck-Fischer, A. (2020). Adaptivität von Spaltungsprozessen bei adoleszenten Geflüchteten: „Zuhause halten wir alle zusammen, und in Deutschland kennt man nicht einmal seinen Nachbarn.“ Psychotherapeut, 65(3), 190–196. DOI: 10.1007/s00278-020-00412-2

Hintergrund: Untersuchungen über freiwillige Migranten zeigen, dass Spaltungsphänomene für die individuelle Identität und das psychische Wohlbefinden förderlich sein können. Diese Phänomene treten auch in der Arbeit mit Geflüchteten häufig auf, ihre Adaptivität konnte jedoch bisher nicht empirisch nachgewiesen werden und wurde sogar angezweifelt. In einer „Mixed-Methods-Design“-Pilotstudie wird untersucht, ob auch Geflüchtete während ihrer Ankunftszeit im neuen Land von Spaltungen profitieren können.

Material und Methoden: In dolmetschergestützten Interviews berichteten 16 Geflüchtete über ihre Erfahrungen während der Flucht, ihre Ankunftszeit und ihr aktuelles Leben in Deutschland. Zusätzlich beantworteten sie Fragebögen zur Identitätsentwicklung. Die Interviews wurden anhand von Leitfäden zur Operationalisierung auf Spaltungsprozesse retrospektiv zur Ankunftszeit und zum Befragungszeitpunkt untersucht. Außerdem wurde die Funktionalität der Identität bewertet.

Ergebnisse: Gruppenvergleiche mittels Mann-Whitney-U-Tests zwischen Geflüchteten, die intensiv spalteten, und denen, die weniger spalteten, zeigten, dass die intensiven Spalter eine signifikant integriertere (U=1,00, p=0,001, r=0,80), weniger krisenhafte (U=11,50, p=0,028, r=0,55) und funktionalere Identität (U=6,00, p=0,005, r=0,69) entwickelten. Qualitative Ergebnisse belegten die protektiven und adaptiven Funktionen der Spaltung.

Schlussfolgerung: Geflüchtete konnten durch Spaltungsphänomene und nostalgische Fixierungen ihr Ich und ihre Identität vor Überforderung schützen. Diese Spaltungen ermöglichten es ihnen, sich innerpsychisch am emotionalen Objekt „Heimat“ aufzutanken und dadurch mehr Energie für die (Re-)Konstruktion ihrer intra- und interpersonellen Identität bereitzustellen.

Lampersberger, F. (2020). Sinn (philosophisch). In E. Frick & K. Hilpert (Eds.), Spiritual Care von A bis Z (pp. 310-314). Walter de Gruyter GmbH & Co KG.

Der Begriff „Sinn“ tritt häufig in verschiedenen Kontexten auf, sei es in der Medizin, Psychotherapie oder im Alltag, besonders bei Fragen nach dem Sinn des Lebens, der Krankheit oder des Leidens. Trotz der oft intensiven Art, in der solche Fragen gestellt werden, bleibt oft unklar, was genau erfragt wird. Eine philosophische Analyse kann helfen, mehr Klarheit zu schaffen, indem zwischen der Frage „Was ist Sinn?“ und der Frage „Was ist der Sinn von etwas?“ unterschieden wird. Diese Unterscheidung ist grundlegend, da das Suchen nach dem Sinn von etwas bereits ein Verständnis des Sinnbegriffs voraussetzt. Im Beitrag wird dabei zwischen etwas, das Sinn hat, und etwas, das sinnvoll ist, differenziert. Dinge können als sinnvoll oder sinnlos kategorisiert werden, wobei es Abstufungen wie „sinnarm“ und „sinnreich“ gibt. Darüber hinaus gibt es auch das „sinnfremde“, das keinen Sinn tragen kann, und das „sinnfreie“, das außerhalb sinntragender Diskurse steht.

Im klinischen Kontext zeigt sich oft der Unterschied zwischen Leid und Leiden. Leid ist eine oft objektive Tatsache, die ein Mensch erfahren kann, wie z. B. eine schwere Krankheit, die außerhalb der persönlichen Kontrolle liegt. Leiden hingegen ist der subjektive Prozess, wie der Mensch dieses Leid erlebt und verarbeitet. Während das Leid selbst oft sinnfremd oder absurd erscheinen mag, kann das Leiden durch einen inneren Prozess transformiert werden, indem der Betroffene Sinn darin findet. Ein Beispiel dafür ist die Verarbeitung von depressiven Symptomen, die auf einen Mangel an Authentizität hinweisen können und so eine sinnvolle Selbstreflexion ermöglichen. Jedoch gibt es Formen des Leidens, die widersprüchlich und strukturell sinnlos bleiben und sich nicht in etwas Sinnvolles transformieren lassen. Das Verständnis dieser Unterschiede ermöglicht es, sich auf jene Aspekte zu konzentrieren, in denen Sinn konstruiert werden kann, anstatt mit sinnfremden oder widersinnigen Situationen zu kämpfen. Die Fähigkeit, absurdes Leid in sinnvolles Leiden zu verwandeln, ist entscheidend, um Krankheit und andere schmerzhafte Erlebnisse in das eigene Leben zu integrieren. Einige Formen des Leidens bleiben jedoch sinnfremd oder widersprüchlich. Ein philosophisches Verständnis der Komplexität des Sinnbegriffs ist daher sowohl für Patienten als auch für Therapeuten notwendig, um die Suche nach Sinn nicht zu einem auferlegten oder fehlgeleiteten Unterfangen werden zu lassen.

Lampersberger, F. (2017). Funktionen von Spaltungsprozessen bei adoleszenten Flüchtlingen – Über Gelingen und Misslingen der mit der Flucht einhergehenden Entwicklungsaufgabe. ResearchGate. DOI: 10.13140/RG.2.2.17820.85122

Diese Studie untersucht die Funktionen von Spaltungsprozessen bei adoleszenten Geflüchteten und ihre Rolle bei der Bewältigung von Identitätskrisen, die durch Fluchterfahrungen ausgelöst werden. Dabei wurde ein Mixed-Methods-Design angewendet, um sowohl quantitative als auch qualitative Daten zu erfassen.

Methode: Insgesamt wurden 16 jugendliche Geflüchtete in Deutschland durch dolmetschergestützte, halbstrukturierte Interviews befragt. Die Teilnehmer berichteten retrospektiv über ihre Fluchterfahrungen, die Ankunftszeit sowie ihr aktuelles Leben in Deutschland. Zusätzlich beantworteten sie Fragebögen zur Identitätsentwicklung. Die Interviews wurden mithilfe eines Operationalisierungsleitfadens transkribiert und auf Spaltungsprozesse sowohl zur Ankunftszeit (retrospektiv) als auch zum Zeitpunkt der Befragung untersucht. Zur weiteren Analyse wurden Mann-Whitney-U-Tests verwendet, um Gruppenvergleiche zwischen Geflüchteten mit intensiven und geringeren Spaltungsprozessen durchzuführen. Parallel dazu wurden die funktionalen Aspekte der Identität erfasst und bewertet.

Ergebnisse: Die quantitativen Analysen zeigen, dass intensive Spaltungen während der Ankunftszeit im neuen Land mit einer signifikant besseren Identitätsintegration, geringeren Krisenerfahrungen und einer funktionaleren Identität im Befragungszeitpunkt verbunden sind. Die qualitativen Daten stützen diese Ergebnisse und belegen die protektive und adaptive Funktion von Spaltungsprozessen. Diese ermöglichen den Geflüchteten, sich emotional an der idealisierten Heimat aufzutanken, was ihnen hilft, mehr psychische Ressourcen für die Integration und Identitätsbildung im neuen Land zu mobilisieren.

Schlussfolgerung: Spaltungsprozesse wirken in der Fluchtsituation als Schutzmechanismus, der es den Betroffenen ermöglicht, ihre Identität zu bewahren und sich in einer neuen, oft überfordernden Umgebung besser zurechtzufinden.

Lampersberger, F. (2016). Auswirkungen von Flucht auf Identität: Ein systematisches Literaturreview. ResearchGate. DOI: 10.13140/RG.2.1.3523.0329

Aus der belastenden Fluchterfahrung resultiert aufgrund des darin enthaltenen Verlusts der Heimat und des radikalen Kontextwechsels durch Akkulturation im asylgebenden Land neben pathologischer Symptomatik vor allem eine Identitätskrise für den gewordenen Flüchtling. In vorliegendem Literatur-Review wird die aus Tatsache und Akt der Flucht entstehende Krise entwicklungspsychologisch als Aufgabe verstanden, die hinreichend gelöst werden muss, damit zentrale Identitäts-Funktionen restituiert werden können. In 23 Primärstudien wird dafür der Flucht-Einfluss auf den Ebenen der sozialen, personalen und Ich-Identität untersucht. Die soziale Flüchtlings-Identität wird hierbei durch Schwierigkeiten in Akkulturation und Aushandlung des Verhältnisses von Heimat- und Gastkultur als konflikthaft erlebt. Weiter bildet sich die marginalisierte Gruppenzugehörigkeit auch in der Interaktion mit der Gast-Gesellschaft ab, in der Flüchtlinge gleichzeitig mit bestimmten diskursiven Strategien der Ausgrenzung vorzubeugen suchen. Aber gerade auf der Ebene der Ich-Identität zeichnet sich ihre Identitätskrise dadurch ab, dass prä- und post-migratorische Identität nicht mehr in ein kohärentes und kontinuierliches Selbst-Konzept integriert werden können. Diese drei Elemente konstituieren die an Flüchtlinge herangetragene Identitätsaufgabe, deren Lösung davon abhängt, in- wiefern Identitäts-Rekonstruktion und Integration in ein zusammenhängendes Lebensnarrativ gelingen. Daraus, dass über diesen Erfolg vor allem eine hinreichend geleistete Trauerarbeit mit anfänglich starker Heimat-Identifikation entscheidet, lassen sich politische Forderungen für den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland ableiten.

Lampersberger, F. (2015). Das Thema Sinn im Grenzbereich von Philosophie, Theologie und Psychologie. Vortrag gehalten bei der DPG-Arbeitsgruppe Psychoanalyse & Religion, 5. Symposion Religion und Psychoanalyse, München. 

Im Vortrag wird der Sinnbegriff zunächst philosophisch differenziert, wobei zwischen „Sinn haben“ und „Sinn sein“ unterschieden wird. Diese Unterscheidung verdeutlicht, dass die Frage nach dem Sinn des Lebens keine bloße Tatsachenfrage ist, sondern eine Wertfrage, die sich auf Lebensführung bezieht. Philosophische Überlegungen von Wittgenstein und Nielsen zeigen, dass viele Sinnfragen in Grenzfragen münden, die in ihrer Struktur oft unbeantwortbar bleiben, aber dennoch eine zentrale Rolle im menschlichen Leben spielen. Im psychologischen Teil des Vortrags werden Theorien von Viktor Frankl und Paul Wong diskutiert, die Sinn als einen zentralen Bestandteil des menschlichen Wohlbefindens betrachten. Insbesondere Wongs Konzept des persönlichen Sinns, das kognitive, motivationale und affektive Komponenten umfasst, bietet eine strukturelle Grundlage, um Sinn im Leben zu verstehen. Dieses Modell zeigt, dass Sinn nicht nur kognitiv erkannt, sondern auch durch aktive Zielverfolgung und emotionales Erleben erfahren werden muss. Ein weiterer Schwerpunkt des Vortrags liegt auf der Rolle der Psychotherapie bei der Sinnsuche. Viele Menschen suchen psychotherapeutische Unterstützung, weil sie unter einem Gefühl der Sinnlosigkeit leiden, das oft mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen verbunden ist. Psychotherapie kann Menschen neben direkt „klinischen Themen“ auch dabei helfen, Lebensziele zu klären und ein tieferes Gefühl von Sinn zu entwickeln. So zeigen empirische Studien, dass Lebenssinn positiv mit psychischem Wohlbefinden, Lebenszufriedenheit und emotionaler Stabilität korreliert. Abschließend wird die psychoanalytische Sichtweise auf die Sinnthematik beleuchtet, insbesondere in der Tradition von Sigmund Freud und Carl Gustav Jung. Freud betont, dass das Unbewusste oft eine Quelle verborgenen Sinns ist, der in Träumen, Symptomen und Fehlleistungen zum Ausdruck kommt. Jung hingegen sieht die Sinnsuche als einen zentralen Bestandteil der menschlichen Selbstverwirklichung. Für ihn besteht der Sinn des Lebens darin, das Ich in eine größere Ordnung zu integrieren und so zu einem tieferen Verständnis des Selbst zu gelangen. Die Sinnsuche zeigt sich damit nicht nur als intellektuelle, sondern auch eine tief emotionale Aufgabe.

Lampersberger, F. (2014). Eine philosophische Untersuchung des Sinnbegriffs: in Logotherapie und Existenzanalyse von Viktor Frankl. AV Akademikerverlag. ISBN: 978-3-639-63222-4

Die Logotherapie ist eine Schule der Psychotherapie, die von dem Wiener Neurologen und Psychiater Viktor Emil Frankl (1905-1997) gegründet wurde und sich mit der Sinnfrage des Menschen auseinandersetzt. Zentral dafür steht ihre motivationstheoretische Annahme eines „Willens zum Sinn“, der jedem Menschen innewohnt und demzufolge es zu den Grundstrukturen des Menschlichen gehört, im Leben nach Sinn zu suchen sowie sich in seinen Handlungen auf einen Sinn ausrichten zu wollen. Nach Frankl hat das Leben einen bedingungslosen Sinn, den es unter keinen Umständen verlieren kann – und das selbst bei schwerem Leid nicht. (Frankl: „Derjenige, der ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie.“) Im Buch wird für die These argumentiert, dass Frankl mit seiner Verwendung des Sinnbegriff das Phänomen „Sinn im menschlichen Leben“ trifft und der durch seine Therapie aufgefundene Sinn auch philosophisch das halten kann, was er verspricht. Dafür wird im Rahmen einer Bedeutungs- sowie Wesensanalyse des Sinnbegriffs mit Hauptaugenmerk auf eine Ausarbeitung der Habilitationsschrift „Die Frage nach dem Sinn des Daseins“ des Philosophen Reinhard Lauth geklärt, was es heißt, von etwas zu sagen, dass es einen Sinn habe. Anhand einer Überprüfung von Objekt, Inhalt und Struktur von Sinn wird schließlich die Validität von Viktor Frankls Sinnbegriff behandelt.

Lampersberger, F. (2014). Authentizität: Zwischen Selbstfindung und Selbstformung. ResearchGate. DOI: 10.13140/RG.2.1.3055.8484

Diese Arbeit thematisiert die zentralen neuralgischen Punkte der philosophischen Debatte um Authentizität und sieht ihr Ziel in der Klärung der Frage, was es heißt, von einem authentischen Leben und damit von einem Leben, in dem man wahrlich man selbst ist, zu sprechen. In der zeitgenössischen Philosophie findet diese Diskussion auf mehreren Ebenen statt: Zum einen gibt es Neuinterpretationen oder historische Aufarbeitungen existenzphilosophischer Gedanken Kierkegaards, Sartres, Heideggers oder Camusʼ, und zum anderen analytische Untersuchungen über Autonomie und Freiheit. Dabei lassen sich zwei Extrempositionen ausmachen. So wird einmal davon ausgegangen, dass man vorfindet, was bzw. wie man selbst ist, und einmal, dass man dies in unterschiedlich großem Umfang selbst konstituiert und formt. In ebendieses Kontinuum soll das Konzept des authentischen Personseins auf plausible Weise eingefügt werden. Es wird dabei für die These argumentiert, dass Menschen als autonome Personen ihre Authentizität durch bestimmte praktische Überlegungen selbst konstituieren. In solchen Überlegungen verhalten sie sich jeweils zu sich selbst und stellen die praktische Grundfrage danach, wie sie grundsätzlich leben wollen.

Lampersberger, F. (2013). „Sinn“ – Thema der Philosophie, Psychologie oder der Theologie? Präsentation auf der Self and Identity Conference .

Die Frage nach dem „Sinn“ ist eine zentrale Herausforderung sowohl in der Philosophie als auch in der Psychologie und Theologie. In existenziellen Krisen, wie Krankheit und Leiden, steht oft die Frage nach dem Sinn im Vordergrund, sei es in klinischen oder alltäglichen Kontexten. Die Unterscheidung zwischen „Sinn sein“ und „Sinn haben“ ist grundlegend, um diese Phänomene besser zu verstehen. Diese philosophische Analyse zielt darauf ab, die unterschiedlichen Verwendungsweisen des Begriffs „Sinn“ zu klären und deren Bedeutung für das menschliche Streben nach Sinn aufzuzeigen. Im klinischen Bereich zeigt sich, dass Sinnkrisen, insbesondere in Phasen des Leidens, durch die Transformation des Absurden in etwas Sinnvolles überwunden werden können. Methoden wie Antonovskys „Sense of Coherence“ und diagnostische Instrumente zur Sinnfindung helfen dabei, Interventionen für Patienten zu entwickeln, die sich mit Fragen der Sinnkonstruktion auseinandersetzen.

Lampersberger, F. (2013). Sinn (philosophisch). Spiritual Care, 2(1), 76-79.

Philosophie beginnt mit der Klärung von Begriffen und der Analyse von Bedeutungen. Besonders bei scheinbar selbstverständlichen Begriffen wie „Sinn“ wird schnell deutlich, dass diese oft vage und ambivalent erscheinen. Die zentrale Frage „Was ist Sinn?“ ist von entscheidender Bedeutung, da ohne eine klare Antwort jegliche Diskussion über den Sinn des Lebens, des Leidens oder des Umgangs mit Krankheit zu einem bloßen Wortspiel verkommt. Eine grundlegende Unterscheidung ist dabei die zwischen der Frage „Was ist Sinn?“ und „Was ist der Sinn von X?“. Obwohl sich beide Fragen auf verschiedene Objekte beziehen, können sie nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Die Analyse zeigt, dass eine logische Abhängigkeit besteht: Die Frage nach dem Sinn von etwas setzt bereits ein Verständnis des Sinnbegriffs voraus, während die Klärung des Begriffs ohne Bezug auf seine Verwendung ebenfalls problematisch bleibt. Im Beitrag wird die logisch-intensionale Verwendungsweise des Begriffs „Sinn“ untersucht und von verwandten Konzepten abgegrenzt.

Lampersberger, F. (2012). Rezension zu Brüntrup, Godehard / Schwartz, Maria (Hgg.), Warum wir handeln – Philosophie der Motivation. Stuttgart: Kohlhammer 2012. Theologie und Philosophie, 88(2), 282-284.

Die Rezension zum Sammelband „Warum wir handeln – Philosophie der Motivation“ beschäftigt sich mit den philosophischen Grundlagen der Motivation und bietet interdisziplinäre Perspektiven aus der philosophischen Anthropologie, Psychologie, Ethik und Metaphysik. Die AutorInnen argumentieren, dass die Psychologie allein nicht ausreicht, um die komplexen begrifflichen und normativen Fragen rund um Motivation zu klären, und dass es einer tiefgreifenden philosophischen Analyse bedarf. Ein zentrales Thema des Sammelbandes ist die historische Betrachtung der Motivation, insbesondere in der antiken Philosophie. Hier wird aufgezeigt, dass Motivation oft aus der Spannung zwischen Mangelzuständen und persönlicher Identität entsteht, wie es durch die sokratische Lebensprüfung deutlich wird. Diese Erkenntnisse machen deutlich, dass Motivation eng mit dem Streben nach Sinn und Identität verbunden ist. Die Beiträge befassen sich auch mit der Frage, ob Motivation durch Vernunft oder Emotionen gesteuert wird, und wie Werte in unser Motivationssystem integriert werden können. Dabei wird der gesellschaftlichen Wertevermittlung, insbesondere in Bildung und Medien, eine Schlüsselrolle zugewiesen. Besondere Beachtung finden zudem die Umweltethik und die medizinische Ethik, in denen die Bedeutung von Anreizstrukturen und ethischen Prinzipien in der Motivationsbildung diskutiert wird. Diese Diskussionen zeigen, dass externe Faktoren eine wichtige Rolle bei der Stärkung von handlungsleitenden Motiven spielen. Schließlich werden noch Autonomie und Selbstbestimmung als zentrale Motivationsquellen behandelt. Selbsterkenntnis und das Gefühl, aus eigenem Antrieb heraus zu handeln, werden als entscheidende Faktoren für menschliche Motivation betrachtet. Diese philosophischen Überlegungen werden mit psychologischen Theorien über die Integration unbewusster Motive verbunden.